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Gobseck, der das Geschäft zu machen sich angeboten hatte, wollte das Geld aber nicht eher auszahlen, als bis er die Schuldtitel durch einen zuverlässigen Bevollmäch- tigten geprüft hatte. Wucherer sind mißtrauisch; sie ge- hen gern sicher, obgleich die Gelegenheit ihre Domäne ist. Du Tillet kannte die ungeheure Bedeutung, die in Paris die großen Wucherer spielen, die Werbrust, Gigon- net, Palma und wie sie alle hießen, die alle in Beziehun- gen zu Gobseck standen. Er stellte eine bare Kaution und machte sich einen gewissen Gewinnanteil zur Bedingung. Während der hundert Tage weilte er in Deutschland und kam zur zweiten Restauration zurück. Diese Reise mehr- te weniger seine Glücksgüter als die Grundlagen zu sei- nem künftigen Glück. Er wurde der Freund des Mannes, dessen Bevollmächtigter er gewesen war. Nunmehr drang er in die verzwicktesten Geheimnisse der Pariser Börsen- spieler und Geldgeber ein, denn der gerissene Gobseck spielte vor ihm mit offenen Karten. Du Tillet war oben- drein einer, der die leiseste Andeutung verstand. Nach seiner Rückkehr war ihm Frau Roguin treu ergeben wie zuvor. Ebenso sehnsüchtig wie sie hatte ihn ihr Gatte 75 erwartet, den die schöne Holländerin inzwischen von neuem aufs Trockene gesetzt hatte. Du Tillet nahm die schöne Sara ins Gebet, denn alle ihre angeblichen Aus- gaben erreichten die Höhe der vergeudeten Summe nicht. Dabei kam er hinter ihr sorglich gehütetes Geheimnis, hinter ihre maßlose Leidenschaft für Maxim von Trailles. Unter diesen Umständen riet der Bankier du Tillet das war er nunmehr dem Notar dringend, einmal an sich selber zu denken und in seine weiteren Spekulationen die reichsten seiner Klienten mitzuverwickeln. Dabei könne er sich eine ordentliche Summe in die Reserve legen für den Fall, daß ihm das Spiel an der Börse schlecht auslie- fe. Nach einigem Auf und Ab, wobei lediglich für du Tillet und Frau Roguin etwas heraussprang, hörte der Notar endlich sein letztes Stündlein schlagen. Er stand vor dem völligen Ruin. Sein »bester Freund« beutete seinen Todeskampf aus, indem er die Spekulation mit den Baustellen um die Kirche Saint-Madeleine inszenier- te. Er bekam dadurch die hunderttausend Francs in die Hände, die Birotteau dem Notar anvertraut hatte. Du Til- let hegte die Absicht, den Parfümhändler kaufmännisch zu vernichten. Das Land um die Madeleine hatte damals einen sehr ge- ringen Wert, aber man mußte notgedrungen mehr dafür zahlen, als es im Augenblick wert war, weil die Vorbesit- zer die Gelegenheit wahrnahmen, etwas zu verdienen. Du Tillet nahm sich von vornherein vor, aus der Sache Nut- zen zu ziehen, ohne die Verluste einer mit der fernen Zukunft rechnenden Spekulation mitzutragen. Mit andern Worten: sein Plan bestand darin, das Geschäft zu ersti- cken, den Kadaver an sich zu bringen und neues Leben 76 aus den Ruinen erstehen zu lassen. In solchen Fällen pflegten sich Leute wie Gobseck, Palma, Werbrust und Gigonnet einander die Hände zu reichen. Aber du Tillet war noch nicht intim genug bekannt mit ihnen, als daß er ihren Beistand erbitten konnte. Übrigens wollte er bei der Sache selber so wenig wie nur möglich aus dem Hinter- halt treten. Er sah sich somit gezwungen, sich einen so- genannten Strohmann zu verschaffen. Er fand ihn in ei- nem ehemaligen Commis voyageur, der keinen roten Heller und keine andere Fähigkeit besaß, als daß er sich zu allem gebrauchen ließ. Diskret war er auch. Diesen Menschen, dem es nicht darauf ankam, seine Ehre für seinen Brotgeber zu lassen, machte du Tillet zum Ban- kier, zum Chef der Firma Claparon & Co. Für den Fall, daß die von du Tillet eingefädelten Spekulationen fehl- gingen und damit rechnete er , war es Charles Clapa- rons Rolle, den Juden und Pharisäern ausgeliefert zu werden. Dem armen Teufel mit zwei Francs in der Tasche, der er, trübsinnig auf den Boulevards hinbummelnd, gewesen war, als ihn sein Freund du Tillet traf, war der bei der Sache verheißene kleine Gewinn ein gelobtes Land. Er sagte zu allem ja und amen und hing mit demütiger Er- gebenheit an seinem Gönner wie ein Hund an seinem Herrn. Claparon übernahm also scheinbar die eine Hälfte der Terrainspekulation, während die andere auf Birotteaus Schultern gewälzt wurde. Die Wechsel, mit denen dieser seinen Anteil an dem Baustellenkauf bezahlen würde, sollten von einem Wucherer diskontiert werden, der dem du Tillet auch nur seinen Namen herzugeben brauchte. 77 Ohne die dem Notar Roguin anvertrauten Gelder mußte Birotteau in Konkurs geraten. Bei der Versteigerung der Baustellen wollte du Tillet sie dann zur Hälfte des Wertes erstehen und sie mit den Geldern Roguins und der Kon- kursdividende bezahlen. Der Notar ging auf diesen Plan ein, weil er einen guten Anteil an der kostbaren Beute dem Vermögen Birotteaus und seiner Genossen einzu- heimsen glaubte; aber der Mensch, dem er sich überlie- ferte, wollte sich den Löwenanteil aneignen, und das ge- lang ihm auch wirklich. Der geprellte Notar konnte du Tillet vor keinem Gerichtshof verklagen; er mußte noch froh sein, wenn ihm von Zeit zu Zeit in seinem Exil in einem Winkel der Schweiz ein Knochen zum Abnagen vorgeworfen wurde. Dieser teuflische Plan war keineswegs im Hirn eines Verfassers von Hintertreppenromanen entstanden, son- dern hatte sich ganz einfach aus den Umständen ergeben. Haß ohne Rachsucht gleicht einem Samenkorn, das auf Felsen gefallen ist, aber die Rache, die du Tillet seinem früheren Prinzipal geschworen hatte, war von elementa- rer Fruchtbarkeit und frei von innerlichen Kämpfen zwi- schen Gut und Böse. Ermorden konnte du Tillet den ein- zigen Menschen, der um seinen Diebstahl wußte, nicht, wenigstens nicht ohne große Gefahr; aber er konnte ihn in den Schmutz treten und ihn kaufmännisch so vernich- ten, daß niemand auf sein Zeugnis mehr hörte. Schon lange keimte die Rache in du Tillets Herzen, ohne zur Entfaltung zu kommen. In Paris gelangt auch der Haßer- füllteste nur selten zur Tat: das Leben ist dort zu flüchtig, zu bewegt, zu reich an unvorhergesehenen Zufällen. Aber wenn diese fiebernde Rastlosigkeit auch keine Zeit zu tiefem Nachdenken läßt, so verhilft sie dem im Grunde 78 eines energischen und listigen Herzens lauernden Gedan- ken gelegentlich doch zum Sprunge. Als Roguin sein Herz vor du Tillet ausschüttete, sah dieser sofort die Möglichkeit, seinen Feind vernichten zu können, und er täuschte sich hierin nicht. Der Notar, dem die Trennung von seiner Geliebten be- vorstand, genoß gierig die letzten Tropfen des Liebes- tranks; jeden Tag ging er in die Champs-Elysées und kehrte erst beim Morgengrauen nach Hause zurück. Die mißtrauische Frau Birotteau hatte somit recht. Auch heu- te kam er von der schönen Holländerin. Ein Mann, der sich dazu hergibt, eine Rolle zu spielen, wie sie du Tillet dem Notar zugeteilt hatte, wird zum vollendeten Schau- spieler; er bekommt Luchsaugen und den Scharfblick eines Sehers; er versteht es, seine Opfer zu hypnotisieren. Roguin hatte Birotteau von weitem schon längst bemerkt, ehe dieser ihn sah. Mit ausgestreckter Hand lief er auf ihn zu. »Ich habe soeben das Testament einer hohen Persönlich- keit aufgenommen, die keine acht Tage mehr zu leben hat«, erzählte Roguin mit der natürlichsten Miene von der Welt, »aber man hat mich wie einen Dorfarzt behan- [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ] |
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